Sage vom Riesen Botho

Ehe die Burg errichtet wurde, durchstreifte Botho, ein gewaltiger Jäger, die endlosen Wälder der Finne. Mit seinen treuen Rüden an der Seite stellte er sich furchtlos Bären und Ebern. Die raue Wildnis war sein Reich, fernab der Menschen, und er lebte nach den alten Gesetzen der Jagd.

Doch einer wagte es, zu ihm vorzudringen – Bruder Hilarius, ein demütiger Mönch aus dem Kloster Memleben. Er kam gelegentlich zur Kapelle Enis bei Teutleben, um Messen zu lesen. Und seltsam war es: Der wilde Riese, dessen Faust die stärksten Bestien zu Boden streckte, neigte sich vor dem Mönch, wenn sie sich begegneten. Still kniete er zu dessen Füßen, empfing den Segen, während seine Hunde sich friedlich lagerten, die Zähne verborgen, nur die blutroten Zungen sichtbar.

Doch auch den Mächtigsten ereilt das Schicksal. Ein Sturm kam über die Finne, ließ die uralten Eichen beben, und ein gewaltiger Ast, jahrtausendelang gewachsen, brach herab – und erschlug den Jäger. Ein Riesengrab barg seine sterblichen Überreste, und so schien es, als hätte die Erde selbst ihn zurückgefordert.

Doch Botho fand keinen Frieden. In finsteren Nächten, wenn der Wind durch die Bäume heulte, sieht man seine Rüden – feurige Schatten mit lodernden Augen. Sie schleppen den glühenden Sarg ihres Herrn hinauf zum Schwabenberg. Und dort, so erzählen sich die Leute, erscheint Bruder Hilarius noch immer: Ein Greis mit Silberbart, Kutte und Strick um den Leib, ein gewaltiges Buch unter dem Arm. Sonntagskinder können ihn selbst am helllichten Tag erblicken – doch wehe dem, der sich ihm zu nah wagt!

(Quelle: Sammlung Heimatverein Rastenberg/ Chronik Pfarrer Junkelmann)

© Raspedia

Eine kleine Enzyklopädie zur Stadt Rastenberg, ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Der Name Raspedia setzt sich aus "Rastenberg" und „Encyclopedia“ (englisch Enzyklopädie) zusammen.

Raspedia